Die Vereinfachung komplexer Arbeitsprozesse durch Digitalisierung
Januar 10, 2017Digitalisierung in der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung
Mai 3, 2017Antonio Arrigoni ist seit 1. April 2017 Executive Consultant bei fiduCon. Der Schweizer Wirtschaftsprüfer ist begeisterter Hobbypilot und war lange im Vorstand eines mittelständischen börsennotierten Medienunternehmens. Sein erster blog bei fiduCon ist natürlich dem Thema Fliegen und Risiko gewidmet.
Ein klassischer Bubentraum ist es, Pilot zu werden. Nicht jeder hat die Möglichkeit, sich diesen Traum zu erfüllen, ob auf der privaten Schiene oder als berufliche Wahl. Ich hatte mich auch viele Jahre von diesem Traum verabschiedet, um mich auf eine „normale“ Laufbahn zu begeben, mit einem BWL-Studium und anschließend zum diplomierten Wirtschaftsprüfer. Als ehemaliger Vorstand von börsennotierten Firmen bin ich mir der Verantwortung bewusst, die ich im ganzen Wust an Gesetzgebungen und Verordnungen als Organ und Privatperson trage. Aus demselben Grund gelte ich aber auch, aus der nicht immer unberechtigten Sicht von Investoren, Darlehensgebern, Banken und sonstigen Stakeholders, als eher risikoavers. Wieso also Fliegen als zusätzliches Hobby wählen, wenn Fliegen im privaten Bereich doch als riskant gilt?
Um die Antwort vorwegzunehmen – weil es unglaublich Spaß macht. Dennoch lasse ich die Risiken bei diesem Hobby nicht außer Acht.
Damit ein Flug gelingt, müssen alle Komponenten stimmen. Wer systematisch Punkte abhakt, geht sicherer an den Start. Die Luftverkehrsordnung nennt die Mindestforderungen an eine Flugvorbereitung: Der Pilot in Command (PIC) hat sich mit allen bedeutsamen Unterlagen und aktuellen Informationen für eine sichere Durchführung, zum Beispiel Karten, NOTAMs (Notice to Airmen) vertraut zu machen und sich davon zu überzeugen, dass das Flugzeug und die Ladung verkehrssicher sind. Die Flugmasse muss im zulässigen Rahmen liegen, vorgeschriebene Papiere sind mitzuführen und flugrelevante Angaben in das Bordbuch einzutragen. Vor Überlandflügen wird ein Wetterbriefing verlangt, bei Flugplanaufgabe eine Flugberatung. Außerdem wird in der Luftbetriebsordnung eine für einen sicheren Flug ausreichende Menge Kraftstoff gefordert. So muss der Pilot grundsätzlich zwar weder seine Route in der Karte einzeichnen, noch Zeiten für einzelne Streckenabschnitte berechnen. Doch wer etwa auf einer langen Strecke einmal gerätselt hat, ob der Wind stärker geworden ist und ob deswegen der Sprit tatsächlich reicht, wird den Vorteil einer genauen Planung zu würdigen wissen.
Viele Piloten überschätzen den Aufwand einer genauen Flugvorbereitung – und sie wissen die Selbstsicherheit nicht zu schätzen, die sich ergibt, wenn etwa das Flugzeug exakt an der vorab berechneten Stelle abhebt und landet. Es gab auch schon Piloten, die schon in der Startphase merken mussten, dass sie keinen Kraftstoff mehr hatten. Hört sich eigentlich erschreckend an ….
Das Gleiche gilt auch für die Benutzung von Checklisten für die systematische Überprüfung sicherheitsrelevanter Aspekte und bestimmter Prozesse für Start, Landung und Notfall. Diese muss für jeden Piloten eine Selbstverständlichkeit sein, schon im eigenen Sicherheitsinteresse. Genauso verhält es sich, was Kontrollen vor, während und nach dem Flug betrifft. Man muss ein gutes Verständnis über die Gebiete Technik, Luftrecht, Wetter, Navigation, Human Factors und Flugpraxis erwerben – all dies dient dem Risikomanagement.
Unternehmen sind da nicht anders. Gerade in Familienunternehmen glauben viele, dass diese Transparenz und Kommunikation über die Risiken nicht gebraucht wird. Per se wird dem Risikomanagement kein direkter Wert zugemessen, doch die Nicht-Berücksichtigung von Risiken kann zum Teil erhebliche, negative finanzielle Folgen haben. Beim Fliegen kann das im Extremfall zu einem tragischen Unfall führen.
Der Wandel in den verschiedenen Umfeldern (Globalisierung, Technologie, Gesetzgebung, Rechnungslegung, etc.) der Unternehmen hat einen bedeutenden Einfluss auf die Entscheidungsfindung und den daraus resultierenden Risiken.
Ein allgemeiner Ausschluss aller Risiken ist per Definition unmöglich. Gemäß dem Deutschen Rechnungslegungs Standard Nr. 20 (DRS 20) werden Risiken als mögliche künftige Entwicklungen oder Ereignisse definiert, die zu einer für das Unternehmen negativen Prognose- bzw. Zielabweichung führen können. Chancen werden als mögliche künftige Entwicklungen oder Ereignisse definiert, die zu einer für das Unternehmen positiven Prognose- bzw. Zielabweichung führen können. Das Risikomanagementsystem (RMS) hat danach folgende Ziele:
– Schaffung von Handlungsspielräumen durch frühzeitiges und systematisches Erkennen von Chancen und Risiken
– Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit durch Transparenz und zeitnahe Kommunikation von Chancen und Risiken
– Unterstützung der Unternehmensleitung/Inhaber bei der Beurteilung von voraussichtlichen Entwicklungen mit wesentlichen Chancen und Risiken
– Reduzierung potentieller Haftungsrisiken
– Sensibilisierung der betroffenen Personen hin zu einer risikobewussten und eigenverantwortlichen Selbstkontrolle
– Sicherung des Unternehmensfortbestands/Vermögens
Aus den oben festgelegten Zielen der Implementierung eines RMS folgt, dass am Anfang die Analyse des Risikoprofils des Unternehmens stehen muss. Anschließend werden daraus die bestehenden Regelwerke im Unternehmen geprüft, die sich auf die Geschäftsprozesse samt den zugehörigen Kontrollen auswirken. Dazu gehört auch die Prüfung, ob die Organisation die Gesetze verinnerlicht hat und das Bewusstsein für ein RMS in allen Unternehmensebenen vorhanden ist. Wichtig ist dabei die Schulung der Mitarbeiter. Was hätte ich mehrmals in meiner Laufbahn darum gegeben, diese „kleine Unsicherheit“ zu kennen! Die Erkenntnis aber, dass man weiß, dass es eine Lücke respektive Unsicherheit gibt, sowie deren Dokumentation und Beobachtung, hat enorm geholfen.
Das RMS vermag Ereignisse weder zu beeinflussen noch vorauszusagen. Es kann Unternehmen aber dabei unterstützen, potenziell erfolgskritische Szenarien frühzeitig zu antizipieren. Folglich lassen sich Entscheidungen verbessern, indem deren Konsequenzen sichtbar gemacht werden.
Zusätzlich sind in einem Familienunternehmen weitere Aspekte in die Risikobetrachtung einzubinden, insbesondere aufgrund der Nähe von Führung und Eigentum. Wie beispielsweise sollen die Strukturen und Prozesse definiert werden, die zu einem offenen, strukturierten und verbindlichen Abgleich mit den Unternehmenszielen führen sollen, um zugleich mögliche Konflikte in der Familie zu vermeiden? Das können beispielsweise die situationsgerechte Besetzung der Leitungsorgane bis zu Regeln für die Änderungen im Aktionariat sein.
Zurück zum Hobbypiloten: Die Erfahrung hilft, den Überblick und die Folgeentwicklungen verschiedener Situationen besser einzuschätzen. Dennoch sollten kleinere Fehler oder Nachlässigkeiten, die sich mit der Zeit bzw. mit zunehmender Erfahrung einschleichen können, regelmäßig analysiert und bearbeitet werden. Was gibt es Besseres, als über diese Situationen mit erfahrenen Piloten zu reden oder sogar mit einem Fluglehrer zu Trainingszwecken wieder eine Flugstunde zu buchen, trotz vorhandener Lizenz?
Vielleicht ist dieser Austausch mit einem Externen auch ein Thema für Ihr Unternehmen? Ich freue mich auf Ihre Nachricht!–